Paraiso Suizo - Glattfelden

Endlich, es ist Zeit aufzubrechen. Wir fahren am Morgen nach Montevideo in den Hafen. Von einer Angestellten der Reederei Grimaldi werden wir auf dem Parkplatz abgeholt. Sie erledigt die Zollformalitäten für uns und schon geht es mit drei weiteren Fahrzeugen, zum Schiff. Wir sind 8 Passagiere, 4 Schweizer, 2 Österreicher, 1 Deutsche und 1 Holländer. Schön ist, dass wir alle bereits im Paraiso Suizo kennen gelernt haben und uns gut verstehen. Das Auto müssen wir vor dem Schiff parkieren und können vorerst nur mit dem Gepäck ins Schiff. Unglaublich rostig sieht es aus! Mit dem kleinen Lift geht es in den 12. Stock. Zimmer beziehen und schon gibt es Mittagessen. Auch nach dem Essen geht es zügig weiter. Wir müssen mit dem Fahrzeug ins Schiff fahren, in den 6. Stock. Da werden die Fahrzeuge verzurrt, sodass sie auch bei schwerem Seegang sicher sind. Endlich können wir es uns gemütlich machen in unserer Suite, einem Schlafzimmer, ein Bad und ein „Wohnzimmer“ mit Sofa und Schreibtisch. Wir packen aus und schon bald gibt es Nachtessen. 

 

Die Essenszeiten sind speziell, denn diesmal sind wir 8 Passagiere und essen nicht mit der Besatzung. Um 7.30 Frühstück, um 11.00 Uhr Mittagessen und um 18.00 Uhr Nachtessen. Mit dem italienischen Koch, ist auch das Essen Italienisch. D.h. Vorspeise meistens Pasta oder Suppe mit Pasta, dann Fleisch oder Fisch mit Salat und zum Dessert eine Frucht. Manchmal gibt es Pizza, ab und zu Hähnchen oder zur Vorspeise ein „Plättli“ mit Käse und Fleisch. Jedenfalls finden wir in der erten Woche, dass das Essen besser ist wie auf der Hinfahrt, obwohl ich den vielen Fisch nicht liebe und das Fleisch, bestehend aus einem dünnen „Fleischfladen“ nicht essbar ist. Da wir aber trotz Fitnessraum zu wenig Bewegung haben ist es auch nicht schlecht, wenn wir weniger essen und ein bisschen wählerisch sind. Dazu gehört jeweils ein Fläschchen Wein, ausser wenn wir in einem Hafen sind. Das Problem ist lediglich, dass das Essen nicht sehr abwechslungsreich ist und nach 2 Wochen ist uns der „Grimalidfood“ verleidet!

 

Mitten in der Nacht läuft die Grande Amburgo aus ohne dass wir es merken. Wir erwachen am Morgen mitten auf See. Leider ist es sehr kalt da die Heizung nicht funktioniert. Wir haben ja Winter in Südamerika. Gestern während der Hafenzeit waren die Räume sehr heiss, und nun ist die Klimaanlage an und es zieht. Hoffentlich bekommen sie die Anlage in den Griff! 

 

Am 2. und 3. Tag sind wir mit Ecospeed unterwegs nach Santos. Wir können jederzeit auf die Brücke, unser Kapitän hat uns dies erlaubt. Nur während den Ein- und Ausfahrten in die Häfen müssen wir draussen neben der Brücke bleiben. Da wir aber immer in wärmere Zonen kommen, ist das kein Problem. Leider müssen wir dann am 3. Tag auf offener See eine lange Pause einlegen, denn wir können erst am 4. Tag in der Früh in Santos einlaufen. Alles aber halb so schlimm, wir lesen viel, sitzen jeweils länger am Tisch mit unseren Mitreisenden, schreiben, stricken usw. Es wird uns sicher nicht langweilig! 

 

In Santos stehen wir um 6.00 Uhr auf um auf der Brücke die Einfahrt in den Hafen mit zu erleben. Es ist leicht neblig, doch kurze Zeit leuchtet uns eine knallrote Sonne entgegen. Wunderbar. Doch dann hält das Schiff wieder an. Der Lotse kommt nicht, denn in Brasilien wird zurzeit gestreikt, und so eilt es unserem Lotsen auch nicht. Deshalb können wir in Ruhe Frühstücken, bevor es dann den Fluss hoch geht und das Schiff mit Hilfe der Schlepper gedreht wird und anlegt um vor allem kleinere Lastwagen einzuladen und Container zu entladen. Es wird unglaublich langsam und mit vielen Unterbrüchen gearbeitet. Am Nachmittag geht 3 Stunden überhaupt nichts, bis dann endlich wieder fleissig gearbeitet wird. Autos werden eingeladen und erst nach Mitternacht, wir schlafen bereits, laufen wir wieder aus. 



Bis Vittoria sind wir mehr als einen Tag unterwegs. Und wieder müssen wir auf offener See stehen bleiben da wir zu früh sind. Erst um 12.00 Uhr können wir in den Hafen von Vittoria einlaufen. Während dem Warten erfreuen wir uns eine Stunde an mindestens vier Walen, die in einiger Entfernung um das Schiff kreisen und Luftsprünge machen. Das Einlaufen in Vittoria nach dem Mittagessen ist sehr speziell. Es geht an riesigen Felsen vorbei und unter einer Brücke hindurch. An einer sehr engen Stelle wird das Schiff mit Hilfe von Schleppern gedreht und an den Pier geschoben. Es wundert uns, dass wir in diese Lücke hineinpassen. Der Bug liegt direkt am Felsen und das Heck, da wo die Hubbrücke abgesenkt wird um die Fahrzeuge zu be- oder entladen, liegen wir nur etwa 10m vom nächsten Schiff entfernt. Dann aber wird fleissig gearbeitet, Autos fahren aus dem Schiff und werden gleich abtransportiert. Ein riesiger Hafenkran lädt noch Container auf das vordere Deck. Bereits um Mitternacht, wir schlafen bereits, laufen wir dann Richtung Dakar aus. Die brasilianische Flagge die auf einem Hügel weht sehen wir nicht mehr. Am Morgen ist es dann definitiv, wir haben Südamerika verlassen! 

Ca. 7 Tage benötigen wir für die Fahrt nach Afrika. Schon am zweiten Tag gibt es einen zweistündigen Fahrunterbruch, die Techniker müssen einen Filter an der Maschine wechseln! Wenn das nur gut geht. Aber schon bald geht die Fahrt weiter. 

 

Während der Überfahrt wird jede zweite Nacht die Uhr um eine Stunde vorgestellt, sodass wir bis Dakar schon drei Stunden der Zeitdifferenz eingeholt haben. Am 4. Tag gibt es dann noch ein Barbeque. Es windet heute sehr, ja es ist fast Sturm. Auf Deck kann man sich nur mühsam fortbewegen, es bläst uns beinahe weg. Der Grill wird dann auch in einem offenen Zwischengang aufgestellt und es wird kräftig gefeuert. Stolz zeigt uns der Koch dann das viele Fleisch. Kurz vor der Essenszeit ruft der Kapitän die Mannschaft und Passagiere zum Apéro in die „Offiziersmesse“. Der Kapitän spricht gut Englisch und mit seiner Körpergrösse und seinem Gewicht ist er eine auffällige Persönlichkeit. Er kann aber auch sehr gemütlich sein. So erzählt er uns folgende Geschichte:

 

Auf einer seiner Rückfahrten von Afrika wird er von seiner Crew aus den unteren Etagen informiert, dass sich ein riesiger Affe auf dem Schiff befinde! Was nun? Die Arbeiter bauen einen Käfig, befestigen ihn auf der vorderen Ladefläche auf den Containern und legen Bananen hinein. Jemand muss Wache schieben, denn man hofft, dass der Affe irgendwann Hunger hat! Und siehe da, es dauert nicht lange, da findet er die Bananen und schwupp, der Käfig ist zu! In Hamburg wird er dann einem Zoo übergeben! Hoffentlich haben wir keine solche oder ähnliche blinde Passagiere an Bord!

 

Am 4. Tag der Überfahrt wird angekündigt, dass das Schiffshorn defekt sei und einige Versuche gemacht werden müssen. Bin ja gespannt was noch alles kommt, denn wir stehen heute wieder ca. 1 Stunde auf offener See.

 

Seit Tagen wird das vordere Deck vom Rost befreit und gestrichen, denn in Dakar werden wir viele leere Container laden die zurück nach Europa müssen. Die Arbeiter, alles Philippinos und die Offiziere (Italiener) können einem leidtun, denn es windet stark und ist nicht sehr angenehm draussen. 

 

So erreichen wir am 13. Tag Dakar und können gleich in den Hafen einlaufen. Es ist Abend und wir staunen nicht schlecht. Die Arbeiter packen an und es wird fleissig aus- und eingeladen. Es ist Ramadan und alle haben befürchtet, dass die Arbeit nur schleppend voran geht. Aber nein, sehr effizient bringen die Laster Container und auf dem gleichen Laster werden Container weggeführt! Wir sind gespannt wie lange sie arbeiten in dieser Nacht. Am Morgen dann die grosse Überraschung, alles ist fertig, wir können um 9,00 Uhr auslaufen! Nicht nur den Kapitän freut das, auch wir freuen uns. So hoffen wir tatsächlich am 19. Juni in Antwerpen einzulaufen. Aber beim Mittagessen bringt uns der Kapitän dann die Nachricht, dass wir ev. bis am 21. Warten müssen, da der Anlegeplatz nicht frei ist in Antwerpen. Aber auf einer solchen Schiffsreise kommt es ja immer wieder anders.

 

Am 15. Tag gibt es wieder ein Barbeque. Der Koch grillt draussen im Zwischengang dutzende von Fleischstücken. Da es sehr windet ist das Fleisch auch gleich geräuchert! Diesmal sitzen auch die Philippinos an Tischen mit weissen Tischtüchern in der Offiziersmesse. Der Kapitän offeriert uns Passagieren sogar eine Flasche Wein! Damit es uns nicht langweilig wird, veranstaltet ein Mitreisender, Marc, aus Holland, ein Quiz. Jedes Paar wählt aus seinen Bildern 20 Übernachtungsplätze aus und die anderen erraten den Platz! Interessant, wie oft wir an denselben Orten übernachtet haben, einfach zu einer anderen Zeit. Heute kommt auch aus, dass wir am 19. Juni abends um 18.00 Uhr in Antwerpen einlaufen und deshalb erst am 20. Vom Schiff fahren können.



Am 17. Tag erreichen wir die Kanarischen Inseln. Damit die Crew und wir Telefonkontakt haben bei den Inseln, hält der Kapitän das Schiff für ca. 3 Stunden auf offener See an.  Morgens um 7.00 Uhr fahren wir dann an den Inseln vorbei und alle, besonders die Mannschaft stehen mit den Handy draussen! Wir schicken eine sms an unsere Töchter. 

 

Am 19. Tag ruft der Kapitän alle Leute und Passagiere zum Emergency-Drill. Wir ziehen den Helm und die Rettungsweste an und nehmen den Sack mit dem Wärmeschutzanzug mit. Fotoapparat gehört natürlich auch dazu. Beat hat leider lediglich eine Kinderweste! Komisch ist auch, dass wir erst am drittletzten Tag eine Rettungsübung machen! Draussen stürmt es so, dass wir in den Zwischenbereich bei der Küche und anschliessend in die Messe beordert werden. Nach 10 Minuten ist die Übung für uns Passagiere bereits zu Ende, ohne dass wir die Rettungsboote besteigen mussten!

 

Am 21. Tag gehen die Männer mit dem Kapitän und dem 1. Offizier das Schiffsinnere anzuschauen. Sie sehen die verschiedenen Decks und nebst anderem auch die dicken Taue und die Winden zur Vertäuung des Schiffes. Der Kapitän hat viel zu erzählen, auch dass z.B. die Taue einziehen lebensgefährlich sein kann. Vor Kurzem ist es passiert, dass ein Tau riss und zurückschlug. Dabei gab es einen Toten. Wirklich nicht ungefährlich die Arbeiten hier auf dem Schiff. Auch der Besuch im Maschinenraum mit dem Achtzylindermotor von Sulzer, der 18200KW Leistung abgibt, war sehr eindrücklich. 

 

Leider ist das Essen immer schlechter, seit gestern gibt es keine Früchte mehr! Ab jetzt haben wir teilweise kurzen Mobilekontakt mit dem Land und deshalb erfahren wir, dass die Schweiz 1:1 gegen Brasilien gespielt hat und Deutschland gegen Mexiko verloren hat. Unsere deutschen Mitreisenden sind leicht enttäuscht! Die Crew ist überhaupt nicht an Fussball interessiert und so müssen wir immer wieder nachfragen. Sind sie gut gelaunt und der Kapitän ist nicht in der Nähe, rufen sie dann ein nahes Schiff an das ev. Satellitenfernsehen hat. Leider ist auf unserem Schiff das Sat- TV defekt! Wir hofften, ab hier die Spiele zu sehen, da wir uns jetzt Europa nähern. 


Nach 24 Tagen fahren wir in der Nacht in Antwerpen ein und können am Morgen vom Schiff fahren. Aber zuerst müssen wir mit einem Bus ins Passbüro gebracht werden um die Einreise in den Schengenraum zu erledigen. Nachdem wir uns bei der Mannschaft verabschiedet haben dürfen wir vom Schiff fahren. Wir sind gespannt wie unser Auto kontrolliert wird. Da hört man die verschiedensten Geschichten. Die einen müssen alles auspacken, die anderen können durchfahren. Wir haben das Glück einfach so aus dem Hafen fahren zu können. Nun gilt es Abschied zu nehmen von Marc und Dela. Mit den anderen Mitreisenden fahren wir in die Stadt zum Einkaufen. Beat freut es, denn kaum im Laden entdeckt er Kirschen!! Seit vier Jahren die ersten Kirschen!!! Und erst noch bezahlbar. Auf dem nahen Camping lüften wir dann unser Auto und gehen abends mit Pierin und Hans, den Schweizern noch chinesisch Essen. Endlich kein Grimaldifood mehr!

 

Heute geht es mit der Fähre über den Fluss und zu Fuss in die wunderschöne Altstadt von Antwerpen. Auf dem Camping fühlen wir uns nicht so wohl. Alle siezen sich, kaum jemand grüsst dich, einfach Europa! So fahren wir weiter bis Wuppertal und schauen uns am Abend mit vielen Internetunterbrüchen den Matsch Deutschland - Schweden an. Und siehe da, die Deutschen können jubeln. Mit der Schwebebahn geht es noch in die Stadt zum shoppen. Ich habe ja kaum Kleider zu Hause! Im nahen Haltingen finden wir anschliessend einen wunderschönen Platz zum Übernachten und schauen uns diesmal Schweiz – Serbien an. 

 

Heute geht es nach Viersen, da werden wir unsere Gastankflasche prüfen lassen und dürfen auf dem Gelände übernachten. Ein Friseurtermin haben wir auch noch. Auf direktem Weg geht es dann zu Goldschmitt in Walldürn nachdem wir auf einem wunderschönen Stellplatz in der Natur übernachtet haben. Zum Glück stellt sich dann bei Goldschmitt heraus, dass lediglich eine leichte Undichtheit beim Ablassventil die Ursache für den Luftverlust ist. Wir müssen nicht einmal etwas bezahlen und fahren weiter nach Freiburg in einen Campingshop und auf den Stellpatz der Stadt die wir noch besichtigen wollen. Unsere letzte Etappe geht aber nur noch bis Wutöschingen zu einem Stellplatz in einem Baumgarten. Was für ein schöner Platz. 

 

Mit einem etwas mulmigen Gefühl stehen wir an unserem letzten Tag auf und machen noch einen Grosseinkauf (unser Lebensmittelkasten zuhause ist leer!) bevor wir am 30. Juni in Glattfelden einfahren und von unseren Mädels und Vanessas Freund herzlich empfangen werden.