30. Juli - 6. August, Tash Rabat bis Sary Tash




Zügig fahren wir am Morgen auf der von den Chinesen erstellten Strasse wieder 140km zurück nach Narin. Wir halten nochmals beim CBT Informationoffice, checken die Mails und erkundigen uns wie die Strasse westwärts Richtung Osh zu befahren ist. Zudem schaut die nette Dame auf dem Internet nach wie das Wetter beim Song Kul See ist, der auf 3100m liegt. Alles super, also nichts wie los! Aber halt, Beat hat nebenan noch einen Friseur gesehen und will sich die Haare schneiden lassen! Ich nutze die Gelegenheit und lasse mir auch die Haare kurz schneiden. Die beiden Frauen machen das hervorragend! Nach 20 Minuten bezahlen wir Fr. 8.- und wir können losfahren. Heute wollen wir noch ca 100km bis zum Aufstieg zum Song Kol fahren und da irgendwo am Bach übernachten.

 

Wie immer stehen wir um ca. 7.00 Uhr auf, Duschen, essen gemütlich Frühstück, machen den ganzen Abwasch (auch denjenigen vom Vortag da ich am Abend nie abwasche) und räumen alles zusammen. So können wir um ca. 8.30 Uhr losfahren. Alles auf Naturstrassen geht es einer Schlucht entlang und dann in vielen Kurven hoch auf die Hochebene auf 3100m. Traumhafte Aussicht ins Tal und dann auch auf den See erwarten uns. Wir sind etwas enttäuscht vom See, denn wir haben sehr viel mehr erwartet. Die Hochebene ist 30 x 60km gross und rund herum sind die Berge gegen 4000m hoch. Das Wetter ist wunderschön, aber es ist sehr dunstig. Auf der Hochebene treffen wir auf viele Jurten, Schaf- und Pferdeherden und dazu natürlich die Reiter, die Erwachsenen auf Pferden, die Knaben auf Eseln. Der Tourismus hier oben ist gewaltig. Es gibt ganze „Jurtendörfer“ die als Guesthouse funktionieren. Dazu sehen wir Sprinterbusse oder auch Lexus und Toyota Prado, Audi und auch Mercedes sind stark vertreten. Wir wollen um den See fahren, kommen aber leider nur bis etwa zu ¼, dann müssen wir umkehren, da die Strasse sehr schlecht wird. Auf der Rückfahrt passiert es dann! Wir haben einen Plattfuss! Ein Loch im hinteren Reifen! So stehen wir auf der Staubpiste und entschliessen uns den Reifen selber zu flicken. Beat hat das voll im Griff und wir können so unsere ersten Erfahrung machen mit einem kaputten Reifen flicken. Flicken ist das eine, das geht ruck-zuck und funktioniert auch. Aber nun müssen wir mit unserem kleinen Kompressor Luft pumpen! Geduldig, wir haben ja massenhaft Zeit, warten wir am Strassenrand, während der Kompressor läuft. Und siehe da, nach einer Stunde bewegt sich die Manometernadel endlich! Und wir brauchen aber 50PSI! Ich mache uns ein Müesli als Mittagessen, und dann ist warten angesagt. Die ganze Zeit schaut uns ein Junge auf dem Esel zu. Er hütet seine 200 Schafe und hat auch Zeit. Einmal setzt er sich ins Gras, nimmt den Rucksack hervor, isst etwas und dann sehe ich dass er ein Buch aufgeschlagen hat. Ich gehe zu ihm und schaue mir das Buch an. Es ist ein Geschichtsbuch das er liest!

 

Die Zeit geht langsam vorbei, und nach 3 Stunden und einigen dutzend Autos die an uns vorbeigefahren sind und eine Staubwolke hinter sich herzogen, ist das Rad montiert und wir fahren endlich wieder los. Etwa 10km weiter soll ein Festival mit Reiterspielen sein. Und tatsächlich, wir kommen gerade noch rechtzeitig für das letzte Rennen. Lustig, spannend, ich könnte stundenlang zusehen. Die Männer mit ihren hohen weissen Filzhüten, die Jungs mit ihren Pferden, die wie wild über die Wiesen jagen, die alten Frauen mit ihren Röcken, und dann das Angebot an Esswaren, ausgestellt teilweise auf den Motorhauben. Und die Krankenwagen, wir haben 8 gezählt! Graue Russenfahrzeuge, natürlich allrad, aber uralt. Sogar die Polizei ist hier! Ja und junge Frauen mit Kindern noch mit Nuggi hoch zu Pferd! Amüsant!

 

Wir entschliessen uns den schönen Platz zu verlassen und die kurvige Strasse ins Tal hinunter zu fahren. Der Reifendruck ist zwar noch gut, aber ob er bis morgen hält?

Und tatsächlich, am Morgen haben wir Plattfuss! Nun montieren wir das Reserverad und fahren so 140km auf sehr schlechten Strassen aber durch traumhafte Gegenden bis ins nächste Dorf. Unterwegs treffen wir noch eine belgische Familie die ein Auto gemietet hat und die wir in Bishkek kennen gelernt haben. Mitten auf der Strasse halten wir einen längeren „Schwatz“ mit ihnen.

 

Endlich nach 6 Stunden erreichen wir das Dorf und lassen den Reifen flicken, montieren wieder das Originalrad und bezahlen Fr. 4.-. Nun müssen wir einen Übernachtungsplatz suchen. Wir treffen auf 4 Radfahrer, zwei fahren die gleiche Richtung, die anderen erklären uns wo ein schöner Platz an einem Flüsschen ist. Also noch 10km fahren und dann zum Bach runter. Die beiden Radfahrer, Nadine und Stefan aus Deutschland erreichen den Platz eine Stunde später und so habe ich bereits alles Gemüse und Reis gekocht, den Tisch gedeckt und wir können gemeinsam essen. Wir sitzen noch nicht, da kommt Michael aus Dänemark mit seinem Motorrad angefahren. Wir haben ihn am See getroffen. Natürlich sitzt er auch zu uns, und zum ersten Mal auf unserer Reise geniessen wir gemeinsam mit Reisenden unser Essen und stossen auf meinen ersten Tag als Rentnerin mit Wasser und Bier an. Es gibt viel zu erzählen und es ist sehr gemütlich.

 

Wir wollen am nächsten Morgen weiter Richtung Osh, Nadine und Stefan werden eher nordwärts fahren und so verabschieden wir uns. Michael werden wir in Osh wiedersehen da wir versuchen werden im gleichen Hostel wie er zu parkieren.

 

Es geht nochmals über mehrere Pässe rauf und runter durch eine fantastische Gegend. Jurten, Pferde, Esel und Kühe, schlechte Strassen und viel Staub, aber Landschaften die uns immer wieder zum Anhalten zwingen. Wie aus dem Bilderbuch! Nach dem letzten Pass fahren wir plötzlich durch riesige Baumnussplantagen und das Tal öffnet sich immer mehr. Sonnenblumenfelder und vor allem Getreidefelder die bereits abgeerntet sind oder kurz davor stehen, beherrschen das Landschaftsbild. Und erstaunlich sind die Häuser. Plötzlich sind sie doppelstöckig und vor allem wird überall gebaut, ein richtiger Bauboom.

 

So vergeht die Zeit schnell und wir entschliessen uns vor Osh in einem breiten Flussbett zu übernachten. Die Leute baden hier, waschen ihre Autos und Teppiche, es ist wie Fernsehen!

 

Da unser Auto extrem schmutzig ist, entschliessen wir uns am Morgen auch in den Bach zu fahren und eine grosse Autoputzaktion zu starten! Es funktioniert super, aber es ist harte Arbeit! Nun können wir auf guten Strassen nach Osh fahren, vorbei an 6 Polizeikontrollen innerhalb 20km! Wir fahren natürlich immer genau 50 oder 40! Das Dumme dabei ist , dass wir dabei sehr gefährlich überholt werden.

 

Wir halten in Özgon an und suchen ein wenig Kultur! Ein riesiger Minaretturm mit Ornamenten und einem Durchmesser von 8,5m können wie bewundern. Der Turm steht nur noch zur Hälfte da er während eines Erdbebens im 16. Jh. zusammenfiel. Daneben gab es eine Koranschule, da stehen aber nur noch wenige Grundmauern. Die drei Mausoleen sind aber sehr gut restauriert. Sie sind eine Vorstufe zur grossen Architektur der Timuriden, deren Höchstleitung wir dann in Usbekisten bewundern werden.

 

In Osh gibt es ein herzliches Wiedersehen. Michael hat uns als Mama und Papa angekündigt und wir können im Hof parkieren und in unserem Auto schlafen. Wir lernen tolle Leute kennen, und geniessen es mit anderen Travellern zu sein. Einige sind schon Jahre unterwegs wie Chris und Laura (von Chris ist das interessante Buch: Hinter dem Horizont links).

 

Heute wollen wir Geld organisieren, ein Modem für den Computer (das Wifi ist so schlecht, ich kann nicht einmal den Text richtig hochladen!) und wichtige Lebensmittel für den nächsten Monat einkaufen wie Mehl etc. Früchte und Gemüse erhält man überall. Aber auf dem Pamirhighway wird es nicht viele Einkaufsmöglichkeiten geben. Leider kann ich kaum gehen, denn ich habe mir vor über eine Woche das Knie „verrenkt“. Nach 1km zu Fuss durch die Stadt laufen müssen wir ein Taxi nehmen um alles zu erledigen und am Abend versuche ich dann wieder mit Tabletten die  Schmerzen auszuhalten.

 

Heute wollen wie weiter und ich binde nun definitiv mein Knie ein, schmiere Salbe und schlucke die Tabletten. Es muss ja besser werden! Wir müssen uns von liebgewonnen Freunden verabschieden, aber wir sind überzeugt dass wir uns irgendwo auf der Welt wieder sehen. Michael ev. in Südamerika!

 

Auf hervorragenden Strassen (das Autoputzen hat sich gelohnt!) fahren wir südwärts durch Schluchten und über einen kleinen Pass Richtung Sari Tash. Kurz bevor wir über den 3600m hohen Taldik Ashuu Pass fahren, auf 2500m, halten wir an, waschen am Bach unsere Wäsche aus und geniessen den Nachmittag an der Sonne beim schreiben und lesen. Am späteren Nachmittag fällt uns auf, dass immer mehr Lastwagen von Süden her kommen. Vor allem Chinesische Sattelschlepper und dann auch kleinere und grössere Lastwagen mit Kohle. Im Kizil-Tal in das wir morgen fahren, wird Kohle abgebaut und diese wird per Lastwagen transportiert. Aus dem Kizil-Tal gibt es auch einen Übergang nach China. Plötzlich tauchen 20 kleine neue chinesische Transporter auf, die im Konvoi weiterfahren. Das sind Neufahrzeuge die in China hergestellt werden und jetzt in Kirgistan zum Verkauf stehen.

 

Nach einer ruhigen Nacht fahren wir los über den Taldik Ashuu – Pass nach Sari Tash ins Kiziltal. Schon bald geht es bergauf, und da sind sie!!!! Eine Yaksherde auf der Strassse! Hübsche Tiere, vor allem die kuscheligen Jungtiere! Sicher werden wir ab jetzt noch öfter diesen Yaks begegnen. Oben auf dem Pass sehen wir zum ersten Mal schneebedeckte Berge vom Pamir. Traumhaft die Aussicht, und sie wird immer besser je näher wir Sari Tash kommen. Nach dem Tien Schian Gebirge werden wir ab morgen im Pamirgebirge umherreisen. Dies ist das zweithöchste Gebirge der Welt und hat die 2. grösste Eismasse, d.h. Gletscher nach der Antarktis. Unglaublich!

 

Wir möchten noch zum 2. höchsten Berg von Kirgistan, ins Basecamp vom Piz Lenin um da ein wenig zu wandern. So fahren wir noch 30 km das beeindruckende Tal hinunter nach Sari Mogol. Unterwegs fahren wir an einem Markt vorbei und halten an. Ich könnte stundenlang zusehen! Frauen in ihren „Trachten“, Männer mit ihren Hüten und auch Bauern, Kinder und dann das Angebot! Wir kaufen viel Gemüse und Früchte für die nächsten Tage für gerade mal Fr. 1.-. Dann aber geht es nach Sari Mogo und da fragen wir nach dem CBT-Touristoffice. Mitten im Dorf, hinter Containerwohnungen finden wir das Office. Hier werden wir herzlichst begrüsst und müssen im kleinen Büro mit einem unglaublichen Chaos, Platz nehmen. Dann wird telefoniert, denn niemand kann englisch! Am Telefon wird mir dann erklärt, dass wir ohne Probleme bis zum Jurtencamp fahren können. Also nichts wie los. Zuerst über eine eiserne Hängebrücke! Ich steige aus und begutachte sie, denn sie sieht nicht sehr vertrauenserweckend aus. Aber wir wagen es und fahren ein Stück auf dem ausgewaschenen Weg. Doch irgendwann schauen wir uns an, und fragen uns, ob wir wirklich 30 km so fahren wollen. Wir werden noch viele schlechte Strassen fahren müssen, und eigentlich wollen wir einfach die Landschaft geniessen! Also umkehren und nach Sari Tash fahren und noch Diesel tanken (beide Tanks sind jetzt randvoll, wer weiss wann wir wieder tanken können). Hier haben wir ein gemütliches Plätzchen gefunden, inmitten von Kühen und einem Stier und geniessen die Aussicht, machen Homepage und lesen. Morgen geht es über 4600m nach Tadschikistan!